Brennweite Weitwinkelobjektiv
Fotografie Tipps

Weitwinkelobjektive – alles wissenswerte & Tipps

Als Weitwinkel bezeichnet man Objektive, die einen größeren Bildwinkel als Normalobjektive & Teleobjektive haben. Dadurch hat man einen größeren Ausschnitt zur Verfügung, wodurch mehr aufs Bild kommt. Weitwinkelobjektive beginnen bei einer Brennweite von 35 mm (63° Bildwinkel bei Vollformatkameras) und können bis weit unter 14 mm Brennweite gehen (104° Bildwinkel).

Regel: Je kleiner die Brennweite, desto größer der Bildwinkel.

Inhaltsverzeichnis

  • Einsatzgebiete: Wofür ist ein Weitwinkel gedacht?
  • Bildwinkel & Brennweiten von Weitwinkelobjektiven
  • Welche Anfangsblende sollte ein Weitwinkelobjektiv haben?
  • Zoomobjektiv oder Festbrennweite bei Weitwinkelobjektiven?
  • Darstellungsleistung – was ist zu beachten? – was ist zu beachten?
  • Optische Täuschung durch Weitwinkel & Stilmittel
  • Vorteile & Nachteile Weitwinkel Weitwinkel
  • Checkliste – Was sollten Sie beim Kauf eines Weitwinkelobjektivs beachten?

Einsatzgebiete: Wofür ist ein Weitwinkelobjektiv gedacht?

Immer wenn ein Normalobjektiv nicht reicht, um alles in Breite & Höhe abzubilden, kommt ein Weitwinkelobjektiv zum Einsatz. Das kann in der Architekturfotografie ein Gebäude oder ein Raum sein, bei denen nicht genügend Platz nach hinten ist, um ausreichend Abstand zum Motiv zu erhalten – Normalobjektive und ihre Bildwinkel können Gebäude oder Räume dadurch nicht im Ganzen abbilden. In der Landschaftsfotografie benötigt man ein Weitwinkel, um die komplette Landschaft zu fotografieren und somit die Weite zu zeigen. Oder ganz einfach, um bei Gruppenaufnahmen mit vielen Personen, alle auf das Bild zu bekommen. In der Portraitfotografie werden leichte Weitwinkel genutzt, um sehr emotionale Bilder zu erstellen, bei denen der Betrachter das Gefühl hat, dem Portraitierten sehr nah zu sein. Siehe Abschnitt: Optische Täuschung durch Weitwinkel & Stilmittel.

Interieurfotografie Architekturfotografie
Brennweite 16mm / Blende f/11 

Tiefenschärfe

Des Weiteren kann mittels Weitwinkelobjektiv eine höhere Tiefenschärfe (scharfer Bereich im Bild) erreicht werden (ohne die Blende zu sehr zu schließen), da Tiefenschärfe durch die Blende, die Entfernung zum Objekt, durch die Größe des Bildsensors, und durch die “Brennweite” beeinflusst wird – und eine kleinere Brennweite trägt maßgeblich dazu bei, dass die Tiefenschärfe erhöht wird.

Des Weiteren werden Weitwinkelobjektive als Stilmittel genutzt, um die räumliche Darstellung zu verbessern und die Plastizität eines Bildes zu verstärken. Dazu mehr im unteren Bereich “Optische Täuschung durch Weitwinkel & Stilmittel”.

Businessfotografie

Bildwinkel & Brennweiten von Weitwinkelobjektiven

Brennweite und Bildwinkel (Kleinbildformat)

  • 200 mm Brennweite / Bildwinkel von 12,3°
  • 70 mm Brennweite / Bildwinkel von 34,3°
  • 50 mm Brennweite / Bildwinkel von 46,8°
  • 35 mm Brennweite / Bildwinkel von 63,4°
  • 24 mm Brennweite / Bildwinkel von 84,1°
  • 14 mm Brennweite / Bildwinkel von 114,2°

Objektivtypen & Brennweitenbereich

  • Superweitwinkel 12 mm – 21 mm (und darunter)
  • Weitwinkelobjektiv 22 mm – 35 mm
  • Normalobjektiv  40 mm – 60 mm
  • Teleobjektiv 65 mm – 195 mm
  • Superteleobjektiv 200 mm – 1200 mm (und darüber)

Weitwinkel im Verhältnis zum Kamerasensor

Jedes Objektiv hat eine bestimmte Brennweite, mit entsprechendem Bildwinkel. Hier muss man aber aufpassen. Der Standard ist das Kleinbildformat (das sogenannte Vollformat), mit einer Bildsensorgröße von 24 mm x 36 mm. Verwendet man das gleiche Objektiv an einer Kamera mit kleinerem Bildsensor wie das APS-C Format, welches eine Bildsensorgröße von 23,7 mm × 15,6 mm hat (z.B. Nikon – DX Format), dann verändert sich bei gleicher Brennweite der Bildwinkel des Objektivs. 

Regel: Verwendet man das gleiche Weitwinkelobjektiv (z.B. 35 mm) an einer Vollformatkamera und an einer  APS-C-Kamera, dann ist der Bildwinkel an der Vollformatkamera größer (Bildwinkel 63°), als bei einer APS-C Kamera mit kleinerem Bildsensor (Bildwinkel ca. 43,9°).

Beispiel

  • Kleinbildkamera: Brennweite 35 mm = Bildwinkel 63°
  • APS-C Kameras : Brennweite 35 mm = Bildwinkel 43,9°

 Bei Kameras mit kleinerem Sensor verändert sich das Verhältnis von Brennweite zu Bildwinkel durch den sogenannten Crop Faktor. Je kleiner der Sensor ist, desto kleiner ist der Bildwinkel, bei gleichem Objektiv und gleicher Brennweite. Das bedeutet, bei einer Vollformatkamera ist der Bildwinkel, bei Verwendung des gleichen Objektivs, immer größer als bei Kameras mit kleineren Sensoren. Im folgenden die wichtigsten Brennweiten und ihre Bildwinkel. 

Bewerbungsfoto
Aufnahme mit Teleobjektiv: Brennweite 140 mm / Blende f/2,8

Welche Anfangsblende sollte ein Weitwinkelobjektiv haben?

Bei einigen Fotografiearten ist es nötig, eine geringe Tiefenschärfe zu erzeugen, um Motive herauszustellen (scharf darzustellen) und Vordergrund / Hintergrund unscharf zu gestalten. Hier ist es nötig, dass das Weitwinkelobjektiv eine möglichst große Anfangsblende (Offenblende) besitzt, da die Blende maßgeblich die Tiefenschärfe beeinflusst. Und es ist besonders darauf hinzuweisen, dass es bei Weitwinkelobjektiven mit geringen Brennweiten, es schon von grundauf schwieriger ist eine geringe Tiefenschärfe zu erzeugen. 

zoomobjektiv-blende

Folgendes beeinflusst die Tiefenschärfe: Blende, Brennweite, Entfernung zum Motiv und die Bildsensorgröße. Möchten Sie zum Beispiel mit einem 35 mm Weitwinkelobjektiv, innerhalb der Hochzeitsfotografie, eine Person in einem Raum fokussiert darstellen und alle anderen Personen und Motive davor und dahinter unschärfer zeigen, dann benötigen Sie ein lichtstarkes Weitwinkel mit einer Anfangsblende (Offenblende) von zum Beispiel f/1,4. 

In anderen Fotografiearten wie der Architekturfotografie ist eine geringe Tiefenschärfe nicht so sehr von Bedeutung. Hier reicht eine Anfangsblende von f/2,8 aus, da man meist mit Blenden von f/8 oder f/11 arbeitet, damit alle Bildinhalte scharf dargestellt werden. Ausnahmen bestätigen hier die Regel.

Regel: Möchten Sie im Weitwinkelbereich geringe Tiefenschärfen erreichen, dann benötigen Sie ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv, mit einer möglichst kleinen Anfangsblende zum Beispiel f/1,4 oder f/1,8. Diese Objektive haben eine große Blendenöffnung und lassen somit viel Licht auf den Bildsensor. 

Zoomobjektiv oder Festbrennweite bei Weitwinkelobjektiven?

Zoomobjektiv oder Festbrennweite? Diese Frage wird beim Kauf von vielen Objektiven gestellt und gerade auch bei Weitwinkelobjektiven. Ich persönlich würde mich für ein sehr gutes Zoomobjektiv entscheiden, wenn es um den Bereich 14 mm bis 24 mm geht, da die Flexibilität einfach viel besser ist. In der Architekturfotografie kann man so zum Beispiel ohne den Standort mit dem Stativ verändern zu müssen, von Weitwinkel in Superweitwinkel wechseln und damit in unterschiedliche Bildwinkel einstellen.

Wenn man gern (und nur) im Weitwinkelbereich von 35 mm fotografieren möchte, dann ist eine sehr gute Festbrennweite die richtige Wahl. Hier gibt es eine große Auswahl bei vielen Anbietern und die Preise sind auch angemessen. In Verbindung mit einer entsprechenden Anfangsblende (Offenblende) von zum Beispiel f/1,4, kann man durch Erzeugen einer kleinen Tiefenschärfe, klasse Fotos machen und Motive gut freistellen, selbst wenn ein Raum etwas größer ist und das Motiv das hervorzuheben ist, mitten im Raum steht.

Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass es auf die Darstellungsleistung jedes einzelnen Weitwinkelobjektiv ankommt. Hier ist eine gute Referenz, wenn man sich bei Amazon die Bewertungen anschaut. Sind genügend Bewertungen bei den verschiedenen Weitwinkelobjektiven vorhanden, ist das recht aussagekräftig und man kann sich dann für das richtige entscheiden. 

Darstellungsleistung – was ist zu beachten?

Die Darstellungsleistung ist eines der wichtigsten Kriterien bei der Auswahl eines Objektivs. Hier sollte man wissen, dass die Konstruktion von Weitwinkel- und Superweitwinkelobjektiven schwieriger ist, als bei Normalobjektiven. Das hat vor allem mit den kurzen Brennweiten zu tun, die sehr wenig Platz für Linsen und Technik lassen. Durch diesen Umstand kann es durchaus bei manchen Objektiven zu Darstellungsfehlern kommen, die gerade in der professionellen Fotografie nicht erwünscht sind. 

Regel: Je kürzer die Brennweite, desto stärker werden die Darstellungsfehler. Verzerrungen können dabei so groß werden, dass Betrachter Motive als ungewöhnlich empfinden können. 

Dieser Effekt tritt vor allem auf, wenn Motive sehr nah sind und am Bildrand. Beispiel: Autos, Lampen, Tische, Personen usw. verlieren ihre normale Kontur/Form. Hier muss entweder die Brennweite nach größer werden oder der Abstand zum Motiv muss erhöht werden. Auf jeden Fall sind alle Bilder vor dem normalen bearbeiten in z.B. Adobe Photoshop einer Objektivkorrektur zu unterziehen.

Typische Darstellungsfehler sind: 

  • Optische Abbildungsfehler (Aberrationen) die durch Verzeichnungen & Bildfeldwölbungen (verursacht durch die Linsen) entstehen und sich in unscharfe und verzehrte Bilder zeigen.
  • Chromatische Aberrationen, die sich durch Farbveränderungen an kontrastreichen , hell-dunkel Objektkanten zeigen oder in Vergrößerungsdifferenzen.
Interieurfotografie

Optische Täuschung durch Weitwinkel & Stilmittel

Das menschliche Blickfeld entspricht ca. 40 – 50 Grad. Ein Normalobjektiv mit einer ca. Brennweiten von 50 mm zeigt deshalb auf einem Bild die Realität. Weitwinkelobjektive und Teleobjektive verändern diese Realität, sodass es zu einer anderen räumlichen Darstellung kommt. Das Ganze kann als Stilmittel verwendet werden oder muss einfach in Kauf genommen werden, da es für manche Aufnahmen wichtiger ist, alle oder bestimmte Bildelemente in einem ausgewählten Bildwinkel aufzunehmen.

Weitwinkel

Weitwinkel geben einer Aufnahme mehr räumliche Tiefe, sodass selbst kleine Räume groß wirken. Umso kleiner die Brennweite wird, desto mehr verstärkt sich der Effekt. Des Weiteren wirken zum Beispiel Personen oder Objekte schmaler – was ein wenig paradox klingt. 

Eventfotografie

Ein wirklich mächtiges Stilmittel ist aber ein anderes. Durch Weitwinkel können Größenunterschiede sehr deutlich hervorgehoben werden, sodass eine unglaubliche räumliche Tiefe und Plastizität entsteht. Beispiel: In einem Raum oder im Freien stehen Personen unterschiedlich weit voneinander entfernt. Stellt man sich nun vor die erste Person und fotografiert die ganze Szene, dann werden alle Personen unterschiedlich groß dargestellt, was dazu führt, dass Entfernungen besser einzuschätzen (wahrzunehmen) sind und eben diese unglaubliche räumliche Tiefe entsteht (Teleobjektive können das nicht, das erklären wir gleich).

Dieses Stilmittel wird nicht nur in der Businessfotografie oder Hochzeitsfotografie usw. verwendet, sondern auch beim Film. Der Film “The Revenant – Der Rückkehrer” zeigt eindrucksvoll, dass man mit einem richtig eingesetzten Weitwinkel das Gefühl hat, mitten in einer Szene zu stehen, obwohl man nur Betrachter ist. 

Teleobjektiv

Teleobjektive

Teleobjektive haben den gegenteiligen Effekt auf eine räumliche Darstellung. Hier spricht man von einer gerafften Darstellung, da weit voneinander entfernte Objekte auf einem Bild scheinbar sehr nah beieinander liegen. Hier sollte man sehr genau darauf achten, ob der Stil gewünscht ist. Ansonsten sollte lieber ein Normalobjektiv zum Einsatz kommen. Das Ganze kann man ganz einfach selbst testen, indem man mit einem 200 mm Teleobjektiv weit voneinander in einer Reihe stehende (oder gehende) Personen fotografiert. Hier scheinen die Personen fast gleich groß zu sein, wodurch der Eindruck entsteht, dass sie nah beieinander stehen. Die Realität sieht aber ganz anders aus.

Vorteile & Nachteile Weitwinkel

Wenn man sich entschlossen hat ein Weitwinkel zu kaufen, dann weiß man in der Regel für welches Anwendungsgebiet es sein soll. Dennoch haben Weitwinkelobjektive zu Normalobjektiven Vorteile & Nachteile, die ich hier kurz aufführen möchte. 

Vorteile

  • Zumeist leicht
  • Hohe Tiefenschärfe, durch kurze Brennweite
  • Sehr gute Darstellung von räumlicher Tiefe
  • Kann die Realität (Räumlichkeiten) vergrößern
  • Kann Personen / Motive schlanker erscheinen lassen

Nachteile

  • Teurer als Objektive mit Normalbrennweite
  • Größere Tiefenschärfe, durch kurze Brennweite
  • Stärkere Verzerrungen & Vignettierungen (Randabdunklung) am Bildrand
  • Weitwinkel zeigen eine stärkere räumliche Veränderung
  • Stürzende Linien entstehen schneller
Brennweite Vollformat Kamera

Checkliste – Was sollten Sie beim Kauf eines Weitwinkelobjektivs beachten?

Diese Checkliste soll Ihnen helfen, Aspekte die die beim Kauf eines Weitwinkelobjektivs wichtig sind in Ihre Entscheidung einfließen zu lassen. 

  • Welche Brennweite (Bildwinkel) soll abgedeckt werden (z.B. 14 – 24 mm oder nur 35 mm)?
  • Ist das Objektiv für ein Vollformatkamera oder APS-C Kamera gedacht?
  • Anfangsblende: Soll es ein lichtstarkes Weitwinkelobjektiv sein (z.B. f/1,4), um eine geringe Tiefenschärfe erzeugen zu können?
  • Zoomobjektiv oder Festbrennweite?
  • Welches Bajonette hat das Objektiv und passt es auf meine Kamera?
  • Soll es ein original Objektiv sein (Nikon, Canon) oder von einem Fremdanbieter (Tamron, Sigma usw.)?
  • Hat das ausgewählte Objektiv gute Testergebnisse (Referenzen)?